Warum ich enttäuscht bin über die Entscheidung des Bundestages zu Widerspruchsregelung bei Organspenden.
Ich habe die letzten Tage auf dem Land verbracht, habe etwas für meinen Fachwirt gelernt, bin etwas durch die Natur gelaufen und habe solche Dinge getan, die man auf dem Land halt so macht.
Aber eine Sache ging mir die ganze Zeit nicht aus dem Kopf:
Wieso entscheidet sich eine Mehrheit des Bundestages gegen das Leben und für den Tod?
Soweit ich weiß habe ich niemanden in meinem privaten und beruflichen Umfeld der auf eine Organ- oder Gewebetransplantation angewiesen ist.
Ich bin also nicht emotional beteiligt oder befangen in der Frage.
Die durch einige Parlamentarier vorgeschlagene Regelung des doppelten Widerspruchs hätte niemanden gezwungen seine Organe nach Eintritt des Todes abzugeben, um damit das Leben eines anderen Menschen zu retten oder erträglicher zu machen.
Ein Vermerk, dass man entweder nur ein bestimmtes Organ, nur bestimmtes Gewebe oder auch gar keinen Teil seines Körpers nach dem Tod spenden will, hätte für alle Menschen die Möglichkeit gegeben aus ganz individuellen Gründen zu sagen, dass man komplett verbrannt werden will oder eben vermodern.
Alle Umfragen sagen: Die Spendenbereitschaft ist sehr hoch, aber wirklich gespendet wird halt recht wenig.
Ich finde es ist nicht zu viel verlangt, dass man sich entscheiden muss. Es wird einem kein Jota die Entscheidung darüber, was mit dem eigenen Körper passiert, genommen.
Nun sagen einige, es sei nicht erwiesen, dass man keine Schmerzen mehr empfinde, oder dass es nicht sicher sei, dass man beim Hirntod wirklich Tod sei.
Nach der Regelung in Deutschland, die ja auch nicht geändert werden sollte, sagt, es kann nur dann eine Spende durchgeführt werden, wenn der Hirntod – das heißt, der unumkehrbare Hirnfunktionsausfall – vorliegt. In diesem Fall ist die Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns sowie des Hirnstamms erloschen und kann nicht wiederhergestellt werden.
Wer glaubt, dass man da noch fühlen oder mitbekommen kann, was mit dem Körper passiert?
Auch die Sorge, dass da Geschäftemacherei betrieben würde kann ich, zumindest hier in Deutschland, nicht nachvollziehen. Denn der Handel mit Organen ist nach dem Transplantationgesetz verboten.
Einige der Abgeordneten haben sich aus einem ethischen Gesichtspunkt gegen die doppelte Widerspruchsregelung entschieden. Ich finde das eine fatale Haltung zu der ethischen Frage der Transplantation.
Vielleicht müssen wir im politischen Raum, gerade im sozialdemokratischen Milieu mal über die Frage diskutieren, wie wir zu Möglichkeiten stehen, die Leben retten. Wie wir die Möglichkeiten sehen, die durch Fortschritt in Forschung, Medizin und auch Ernährung möglich geworden sind.
Offensichtlich gibt es eine tiefe Skepsis gegen fortschrittliche Medizin gepaart mit tiefem Mistrauen in medizinische Institutionen wie die DSO in unseren Reihen, die ich irgendwie seltsam finde.
Ich erwarte von MdB und MdL, dass sie es sich nicht leicht machen, in solchen Fragen.
Und ich muss akzeptieren, dass es einer Mehrheit im Bundestag wichtiger ist sich in theoretischer, ethischer Weise zu entscheiden, als nach wissenschaftlich begründeter konkreter Frage nach dem Leben und dem Tod.
Aber ich finde es ethisch nicht vertretbarer Menschen sterben zu lassen, weil es keine Spender von Organen gibt, weil man es einen zu intimen Eingriff findet, dass Menschen sich aktiv entscheiden müssen.
Ich glaube, es ist erwachsenen Menschen zuzumuten, das sie sich entscheiden müssen, ob sie helfen wollen Leben zu retten, wenn das eigene vorbei ist.
Ich persönlich finde, da hat sich eine Mehrheit unserer Vertreter im deutschen Bundestag vor einer Entscheidung für das Leben gedrückt.
Und das finde ich sehr schade!