„Es kommt niemals ein Pilger nach Hause, ohne ein Vorurteil weniger und eine neue Idee mehr zu haben.“
Thomas Morus
In letzter Zeit werde ich oft von Bekannten und Freunden gefragt, was sie brauchen, und wie sie die Pilgerei angehen sollten. Der „Camino Frances“ oder der „Camino Portugues“ ist für viele offensichtlich eine lohnende Idee zum drüber nachdenken.
Klar kann man viele Tips zu Wanderstiefeln, Rucksäcken und Blasenvermeidung geben. Man kann seine Meinung dazu zum besten geben, ob man dazu rät Funktionswäsche zu kaufen, oder nicht. (NEIN!!! Außer eine guten Wanderhose vielleicht) Packlisten und Ausrüstungstips sind sicher sinnvoll.
Allerdings: Wir alle neigen dazu die Risiken der Herausforderungen vor denen wir stehen, oder die wir uns selbst suchen, durch Planungen, Strategien oder Taktiken zu minimieren. Das tun wir in unseren ehrenamtlichen Tätigkeiten und nicht zuletzt im Job. Hier sind Planung, Strategie und Taktik gelegentlich wichtige Instrumente. Auch damit wir uns an der einen oder anderen Stelle persönlich Freiräume schaffen.
Wir neigen auch dazu die Freiräume, die wir uns schaffen, durchzuplanen. Wir steigen in den Flieger nach Zypern und wissen schon welches Auto wir uns mieten, wir wissen welche Tage wir an welchem Hotelpool verbringen, wann wir zu welchem Kloster zur Besichtigung fahren und welche Städte wir wann besuchen. Meistens wissen wir auch schon vorher, an welchen Tagen wir auswärts und an welchen Tagen wir im Hotel, welches wir Monate vorher gebucht haben, essen.
Das alles vermag Sicherheit zu geben.
Nun: Eine Pilgerreise ist aber in der Regel kein klassischer Urlaub. Die meisten Pilger erhoffen sich ja etwas von einer Pilgerreise, was sie von einem Urlaub auf einer Insel im Süden und in einer Hotelanlage mit Pool nicht erhoffen oder erwarten. Deswegen ist es klug eine Pilgerreise anders anzugehen, als einen klassischen Wanderurlaub, einen Urlaub auf Ibiza, Zypern oder Mallorca.
Mach’ Dich frei!
Es gibt unzählige Videos auf Vimeo und Youtube die wunderbar anzuschauen sind und einige davon erklären Dir was Du brauchst, wie Du packst, wie Du an- und abreist, auf was Du achten musst, wie Du dafür sorgst, dass Du immer ein Bett in einer Herbergen bekommst, und so weiter.
Es gibt unendlich viele Blogs die sehr hilfreich sein können in unterschiedlichen Fragen.
Alle diese Youtuber, Blogschreiber und Pilgerexperten werden Dich mit ihrem Wissen und ihren klugen Überlegungen zu dem wie man sich auf solch ein Abenteuer vorbereitet so gut vorbereiten, dass es am Ende kaum noch ein Abenteuer ist. Da wird Dir auch ein bunter Strauß an Gründe für Pilgerei dargeboten.
Das alles vermag Sicherheit zu geben.
Du wirst durch den Konsum der einschlägigen Blogs und Youtube-Kanäle selbst zum Pilgerexperten, bevor Du nur einen Fuß auf den „Camino del Norte“, die „Via Francicina“ oder den „Olovsweg“ gesetzt hast. Du wirst wissen wo Du einkehren kannst, wo eher nicht. Du wirst wissen welche Steine Du am Wegesrand wo und wie stapeln sollst, und was ein wirkliches „CAMINO-ERLEBNIS“ ist und was nicht.
Das alles vermag Sicherheit zu geben.
Am Ende ist es aber Deine Pilgerreise. Du hast einen Grund, warum Du den Weg gehen willst. Deien Grund und Deine Motive braucht Dir niemand zu erklären. Es ist Deine Pilgerreise, nicht die eines sympathischen und klugen Youtubers oder engagierten Blogers.
Also: Mache Dich frei. Lasse es zu, dass es ein Abenteuer ist. Lebe Deine Pilgerreise von Tag zu Tag, von Etappe zu Etappe. Lasse Dich auf den Weg ein. Unvoreingenommen, unvorbereitet, ohne Strategie und ohne Plan.
Vielleicht ist es ungewohnt nicht generalstabsmäßig zu planen. Vielleicht ist es verunsichernd fast 1000 KM gehen zu wollen, ohne vorher alle möglichen Dinge abzuchecken und vorher zu wissen.
„Mister Camino“ wird Dich jedoch reich dafür belohnen, wenn Du Dich auf Deinen Weg einlässt, und Du hast die sehr seltene Gelegenheit in den fünf bis sechs Wochen Deinen Rhythmus, Deine Gedanken und Deinen Weg zu finden und zu gehen.
Gehe Deinen eigenen Weg! Ultraia!